Aufreger für Republikverächter

Ein Reichspräsident in Badehose

Ein Foto, das Reichspräsident Friedrich Ebert beim Bad in der Ostsee zeigt, bietet Konservativen und Rechtsextremisten Anlass zu bösartigster Hetze.

Mitte Juli 1919 besichtigt der frisch gewählte Reichspräsident Friedrich Ebert ein Kindererholungsheim an der Ostsee. Er nutzt die Gelegenheit, um zusammen mit anderen Herren ein Bad im Meer zu nehmen – und das nicht im damals noch weithin üblichen Herrenbadeanzug, sondern ‚oben ohne‘. Ein zufällig vorbeikommender Fotograf knipst die Szene, angeblich nur zum privaten Gebrauch. Fünf Wochen später jedoch findet sich der hier abgebildete Bildausschnitt auf dem Titelblatt der vielgelesenen ‚Berliner Illustrirten Zeitung‘. Sie wird diesmal extra früher ausgeliefert als sonst – nämlich genau am Tag von Eberts Vereidigung. Zudem wird eine Postkarte in Umlauf gebracht, die der Aufnahme des Reichspräsidenten in Badehose die Porträts des abgedankten Kaisers Wilhelm II. und des ehemaligen Militärchefs Paul von Hindenburg in ihren Uniformen gegenüberstellt. Die Botschaft ist klar: Im Kaiserreich sei alles viel besser gewesen, und ein einfacher Mann aus dem Volk als ‚Ersatzkaiser‘ sei eine Zumutung für Deutschland. Dass die beiden schmucken Adeligen fünf Jahre zuvor einen Krieg mit vielen Millionen Toten angezettelt haben, ist den Hetzern offenbar herzlich egal. Der üble Badehosen-Spott wird Ebert bis zu seinem frühen Tod im März 1925 verfolgen. (ah)