Jagd auf alle badischen Linken

Die 'Nussbaum-Affäre' und ihre Folgen

Ein tragischer Vorfall in Freiburg bietet den Nazis einen vorgeschobenen Grund, um im ganzen Land die Funktionäre der Arbeiterparteien zu verfolgen.

In den frühen Morgenstunden des 17. März 1933 erschießt der Freiburger Landtagsabgeordnete Christian Nussbaum durch die geschlossene Schlafzimmertür in Panik zwei Polizisten, die gewaltsam in seine Wohnung eingedrungen sind, um ihn zu verhaften. Als Mitglied des Landesparlaments ist der SPD-Politiker per Gesetz vor jeder Form der Strafverfolgung geschützt. Die Polizisten haben also unrechtmäßig gehandelt und der SPD-Politiker aus gutem Grund Angst um sein Leben gehabt – ein Fall von Notwehr. Die Nationalsozialisten bezichtigen ihn nun freilich des Mordes. Darüber hinaus dient ihnen der Vorfall als willkommener Anlass, um in ganz Baden willkürlich Hunderte von Sozialdemokraten und Kommunisten festnehmen zu lassen. Als sechs Tage später der Reichstag zusammentritt, um über das Ermächtigungsgesetz für die Regierung Hitler abzustimmen, fehlen deshalb sämtliche SPD-Abgeordnete aus Baden: Sie sind verhaftet oder außer Landes geflohen. (ah)