Augustin Kast

1876-1950

Der Ettlinger Stadtpfarrer bietet den Nazis auch nach ihrer Machtübernahme die Stirn.

Augustin Kast wird 1876 in Ebersweier bei Offenburg geboren. Als junger Mann entscheidet er sich, Priester zu werden. Früh macht er sich einen Ruf als engagierter, aber auch unbequemer Geistlicher, der sich nicht gerne unterordnet. Im Jahr 1922 übernimmt er die katholische Pfarrei in Ettlingen. Dort gründet er die Genossenschaft ALBA, über die bedürftige Gemeindemitglieder Lebensmittel und später auch Wohnraum preisgünstig erwerben können. Nicht bei allen macht sich Kast mit seinem sozialen Engagement beliebt: Einige Geschäftsleute befürchten Einkommensverluste.

Kast vertritt die Positionen der katholischen Zentrumspartei. Andere politische Strömungen – linke wie rechte – hält er für gefährlich, da diese seiner Meinung nach für den Verfall christlicher Werte verantwortlich sind. Den Nationalsozialisten tritt Kast entschlossen entgegen. Ende 1932 weigert er sich beispielsweise, einen Ettlinger SA-Mann in Gegenwart seiner uniformierten Kameraden zu beerdigen. Daraufhin wird er angefeindet und bedroht. Dies hindert ihn jedoch nicht daran, im Gemeindeblatt dazu aufzurufen, bei der Reichstagswahl im März 1933 die Zentrumspartei zu wählen.

Nach der Machtübernahme der Nazis im Frühjahr 1933 fordert die Ettlinger NSDAP-Ortsgruppe das erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg dazu auf, Kast zu versetzen. Unter anderem wird ihm vorgeworfen, sich abfällig über die ‚nationale Bewegung‘ geäußert und den Religionsunterricht für politische Zwecke genutzt zu haben. Anfang Juli 1933 ergibt sich für die örtlichen Nationalsozialisten schließlich eine Gelegenheit, den verhassten Pfarrer auf eigene Faust loszuwerden.

Nach einem Propagandaaufmarsch versammeln sich etwa hundert Nazis in einem Gasthof in der Nähe des Pfarrhauses. Als die Nachricht sie erreicht, dass die Fensterscheibe der NSDAP-Geschäftsstelle eingeworfen worden ist, haben sie sofort die katholische Vereinsjugend in Verdacht. Begleitet vom Landrat sowie von einem Polizisten dringen SA-Leute daraufhin gewaltsam in das Pfarrhaus ein. Dort eröffnen sie Kast, dass sie ihn nun in ‚Schutzhaft‘ nehmen werden. Unter wüsten Beschimpfungen muss er in ein Auto steigen, das ihn nach Karlsruhe ins Krankenhaus bringt. Hier wird der herzkranke Pfarrer einige Tage lang streng bewacht. Er kann das Krankenhaus als freier Mann verlassen, darf aber vorerst nicht mehr nach Ettlingen zurückkehren.

Im Herbst 1933 versetzt der Erzbischof ihn in die kleine Gemeinde Weiler am Bodensee. Dort wird er weiterhin von der Gestapo bespitzelt. Weil ihn dies schwer belastet, bittet er seine Vorgesetzten mehrfach darum, in die Schweiz emigrieren zu dürfen. Dies lehnt das Erzbistum jedoch ab. 1938 tritt Kast in den vorzeitigen Ruhestand. Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes ernennt ihn die Stadt Ettlingen aufgrund seines sozialen Engagements und seiner geradlinigen Haltung gegenüber den Nationalsozialisten zum Ehrenbürger. Auch eine Straße wird nach ihm benannt. Augustin Kast kehrt jedoch nicht mehr dauerhaft an seinen alten Wirkungsort zurück. Er stirbt 1950 in Gengenbach. (adh/ll)

1876

geboren in Ebersweier bei Offenburg

1901

Priesterweihe

1922-1933

Priester der katholischen Gemeinde in Ettlingen

1922

Gründung der ALBA Bezugsgenossenschaft

1933

vorübergehend in 'Schutzhaft'

1933

Versetzung nach Weiler am Bodensee

1938

vorzeitiger Ruhestand

1947

Ernennung zum Ehrenbürger Ettlingens

1950

gestorben in Gengenbach

Auf Wiedersehen im Lande der Wahrheit, der Gerechtigkeit und des Friedens. (Augustin Kasts Abschiedsworte an die Ettlinger Gemeinde nach seiner Versetzung im Oktober 1933)