Berthold von Deimling

1853-1944

Der einstige 'Schlächter von Ypern' wandelt sich in der Weimarer Republik zu einem engagierten Kriegsgegner und Demokraten.

1853 als Sohn eines badischen Landesbeamten geboren, wächst Berthold Deimling in Karlsruhe, Hornberg und Freiburg auf. Schon als Kind will er Offizier werden. 1871 beginnt er seine militärische Ausbildung in einem badischen Infanterie-Regiment. In der Folgezeit durchläuft er eine steile Karriere: Bereits mit 35 Jahren steigt er zum Hauptmann, mit 40 Jahren zum Major und mit 47 Jahren zum Oberstleutnant auf. 1904 wird er als Regimentskommandeur in die damalige Kolonie Deutsch-Südwestafrika versetzt. Dort ist er 1905 an der brutalen Niederschlagung des Nama-Aufstands beteiligt, die heute zu Recht als Völkermord eingestuft wird. Für seinen Einsatz verleiht Kaiser Wilhelm II. Deimling den Adelstitel. 1907 folgt die Beförderung zum General.

Nach Beginn des Ersten Weltkriegs befehligt Deimling verschiedene Truppenteile an der Westfront. Beim erfolglosen Versuch, die belgische Stadt Ypern zu erobern, opfert er im Herbst 1914 durch sinnlose Angriffe Tausende von Menschenleben. Für diese unrühmliche Rolle erhält er den Beinamen 'Schlächter von Ypern'.

Im Mai 1917 in den Ruhestand versetzt, wandelt Deimling sich vom beinharten Militaristen mehr und mehr zu einem vehementen Kriegsgegner: In zahlreichen öffentlichen Reden spricht er sich klar gegen jede Form des Angriffskriegs aus, tritt für eine Aussöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern sowie für internationale Abrüstung ein. Aus dem 'Schlächter von Ypern' ist ein 'Friedensgeneral' geworden. Einen radikalen Pazifismus allerdings lehnt Deimling ab: Ein Krieg sei legitim, wenn er der Verteidigung bei einem feindlichen Angriff diene.

Seit 1919 ist Deimling Mitglied der DDP. Damals noch eher als ein 'Vernunftrepublikaner' einzuordnen, setzt er sich schon bald aktiv für die demokratische Weimarer Staatsordnung ein. Er schließt sich der Deutschen Liga für Menschenrechte an und gehört 1924 zu den Gründungsmitgliedern der Republikschutzorganisation Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Seine langjährigen Erfahrungen als Offizier sind ihm bei seinem politisch-gesellschaftlichen Engagement von großem Nutzen - so, wenn er sich etwa für eine effiziente Organisation des Reichsbanners einsetzt. Bei Veranstaltungen des Reichsbanners ist er als mitreißender Redner hoch geschätzt.

Nicht nur im Lager der völkisch-rechtsextremistischen Parteien, sondern auch im Kreis seiner früheren Offizierskollegen macht sich Deimling durch seine Wandlung zum Kriegsgegner und Demokraten zahlreiche Feinde; schon in den 1920er Jahren wird er aus mehreren Offiziersverbänden ausgeschlossen. Als die Nazis 1933 an die Macht gelangen, erhält der mittlerweile 80-jährige General Redeverbot. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wird ihm auch der Ehrensold gestrichen, der ihm als Inhaber eines hohen militärischen Ordens eigentlich zustünde. Das Kriegsende wird Deimling nicht mehr miterleben: Im Alter von 90 Jahren stirbt er 1944 in Baden-Baden. (al)

1853

geboren in Karlsruhe

1871

Beginn der Offizierslaufbahn

1905

an der Niederschlagung des Nama-Aufstands in 'Deutsch-Südwestafrika' beteiligt

1914-1917

Befehlshaber an der Westfront

1917

Versetzung in den Ruhestand

1919

Beitritt zur DDP

1924

Mitbegründer des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold

1940

Aberkennung des Ehrensolds für Ordensträger durch die Nazis

1944

gestorben in Baden-Baden

Der nächste Krieg würde Deutschland zu einem einzigen Trümmerhaufen machen. (Berthold von Deimling 1923)